Die Universität Germersheim ist weltweit eine der renommiertesten und größten Ausbildungsstätten für die Berufsfelder Übersetzen und Dolmetschen. Hier studieren derzeit rund 1.200 Menschen, etwa ein Drittel der Studierenden stammt aus rund 70 verschiedenen Ländern, 13 Sprachen können hier studiert, weitere in Sprachkursen erlernt werden.
Einer der Absolventen der Universität Germersheim ist der Journalist und Historiker Ignaz Lozo, der unlängst die erste deutsche Gorbatschow-Biografie, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, veröffentlicht hat. Ohne sein Studium in Germersheim wäre dies niemals möglich gewesen, ist der 58-Jährige sich sicher. Seine Liebe zu Russland und damit auch zur russischen Sprache sei eigentlich erst kurz vor dem Abitur entstanden, als er sich in seinem Leistungsfach Geschichte mit Russland und der damaligen Sowjetunion beschäftigen musste. „Ich wusste dann nach dem Abi dann nicht genau, was ich nun weiter machen sollte, also ging ich zur Berufsberatung, um herauszufinden, wo man Russisch lernen und studieren kann. So bin ich dann nach Germersheim gekommen und habe mein Studium dort nie bereut“, berichtet Lozo, der heute in Wiesbaden lebt, die Festungsstadt am Rhein aber immer noch regelmäßig besucht.
Von Germersheim nach Moskau
Vor allem an die vielen Weinfeste in und um Germersheim denkt er gerne zurück. „Ich habe das als sehr gesellig und fröhlich in Erinnerung“, sagt er und hebt einen wichtigen Faktor hervor, der seiner Meinung nach für ein Studium in Germersheim spricht: „Dadurch, dass die Stadt selbst nicht sehr groß ist, hat die Uni manchmal den Ruf, etwas provinziell zu sein, ist sie aber nicht. Denn die vielen Studenten aus aller Welt bringen ein ganz tolles multikulturelles Flair nach Germersheim. Diese Atmosphäre habe ich immer sehr genossen.“
Er habe seine Studienzeit in Germersheim und die damit verbundenen Auslandsaufenthalte als sehr bereichernd empfunden und letztlich sind es auch diese Erfahrungen, die Lozo zu einem anerkannten Russland-Experten gemacht und das Fundament für seine Karriere gelegt haben. Er hat die Rolling Stones bei ihrem ersten Auftritt in Moskau interviewt, für das ZDF hat der Historiker zahlreiche Dokumentationen zum Thema Russland/Sowjetunion und die deutsch-russischen Beziehungen gemacht, nun legt er zum 90. Geburtstag von Michail Gorbatschow eine Biografie des Friedensnobelpreisträgers vor, die weit mehr ist als die Auflistung historischer Daten. Das Buch „Gorbatschow – Der Weltveränderer“ zeichnet ein sehr persönliches und einfühlsames Porträt des großen Politikers und wirft dabei immer auch einen präzisen und analytischen Blick auf das „große Weltgeschehen“.
Was zum einen eine mitunter sehr private und intime Gorbatschow-Biografie ist, hilft zum anderen, das große Mysterium Russland ein bisschen besser zu verstehen. Im Hinblick auf das, was Michail Gorbatschow für Deutschland und die Wiedervereinigung getan hat, macht es aus Sicht des Lesers auch Sinn, dass dieses Buch aus der Feder eines Deutschen stammt, denn kaum irgendwo sonst genießt Gorbatschow ähnliche Anerkennung, ähnlichen Respekt.
Lozos Buch kommt aber trotzdem nicht umhin, auch die Frage nach dem Scheitern zu stellen: Hat der Politiker, haben seine Visionen und Ideen versagt oder kommt am Ende einfach immer als so, wie es kommen muss und man arrangiert sich mit den Resultaten? Ein Fazit, das jeder Leser für sich selbst ziehen muss, denn gerade in Deutschland ist die Biografie Gorbatschows und sein politisches Wirken eng mit vielen persönlichen Biografien verflochten, wie sonst wohl nur in Russland selbst.
Info:
„Gorbatschow – der Weltveränderer“ ist erschienen bei wbg Theiss und im stationären Buchhandel erhältlich oder bestellbar. ISBN 978-3-8062-4173-0